Mittwoch, 27. Mai 2015

Wahre Dummheit

Jahrzehntelang hat man uns erzählt, den 5 dummen Fräuleins aus Matthäus 25 sei ein gewisses Missgeschick geschehen: Der Bräutigam habe unvorhersehbarer Weise so lange gebraucht, und darum hätte das Öl in ihren Lampen einfach nicht gereicht. 
Nun steht dieser Vorgang in der Bibel so: 
3 Denn die Törichten nahmen ihre Lampen und nahmen kein Öl mit sich; 
4 die Klugen aber nahmen Öl in ihren Gefäßen samt ihren Lampen.
Da steht nun eindeutig, dass die Dummen kein Öl mitnahmen. Null. Nichts. Leere Menge. 
Allerdings dachten die, die uns diese Geschichte erklärt haben, immer: "So dumm kann doch kein Mensch sein: Lampen mitnehmen und kein Öl. Das wäre ja wie Handy mit leerem Akku. Also wird da Öl in den Lampen gewesen sein, aber weil die Zeit so lange wurde, reichte das einfach nicht."
Man ging einfach immer davon aus, dass Jesus niemals so blödes Beispiel erzählen würde. So unrealistisch. So krass. So übertrieben. 
Aber der verlorene Sohn - eine von Jesus erfundene Person - hat mit dem Erbe seines Vaters auch nicht in der Ferne eine Schreinerei aufgemacht, und nach einigen Jahren geriet er wegen der Wirtschaftskrise und den steigenden Holzpreisen in finanzielle Schwierigkeiten und musste sich Hilfe bei seinem Vater holen.
Nein, der verbrauchte das Geld für Prostituierte, Saufen, Feiern. 
Und als der zurückkommt - kein halbwegs normaler Vater würde an dieser Stelle eine Party geben und ihn wieder in seine Stellung einsetzen! 
Der Typ, dem sein Chef 19 Jahresgehälter eines Tagelöhners anvertraut (im biblischen Deutsch: "ein Talent" und somit 6000 Denare oder umgerechnet eine Viertelmillion Euro), macht damit nicht etwa aus Versehen schlechte Geschäfte und wird Opfer fallender Aktienkurse oder sinkender Zinsen, sondern er vergräbt es. 
Beim Gleichnis vom Sämann haben wir nicht den Unterschied zwischen Null Ertrag und vielleicht zehnfachem Ertrag, sondern zwischen Null und 30-fachem, 60-fachem und 100-fachem Ertrag. 
Wer 99 Schafe hat und vermisst eins, der lässt eben nicht die 99 unbeaufsichtigt und sucht das Verlorene. Diese Gleichnisse sollen ja schließlich zeigen, wie extrem anders Gott handelt! 
Die Weingärtner, die die Boten des Besitzers schlagen und töten, handeln völlig unnormal. Jeder normale Mensch kann sich ausrechnen, was passiert, wenn man sowas macht. 
Und niemand käme je auf die Idee, in hochwassergefährdetem Gebiet ein Haus ohne ausreichendes Fundament auf Sand zu bauen! 
Und das Gleichnis vom ungerechten Verwalter macht einen Betrüger zum Vorbild der Gläubigen. 
Weil dieser Text zu lang wird, höre ich hier auf mit den Beispielen. Aber soviel sollte klar sein: Jesu Gleichnisse sind in der Regel stark übertrieben, gänzlich unrealistisch und gerade deshalb so leicht zu merken. 
Und geben in ihrer Absurdität eben doch die Realität wieder, was man dann in der Anwendung plötzlich merkt. 
Was also die 5 dummen Fräuleins angeht: Die haben tatsächlich überhaupt kein Öl mitgenommen. Jesus wollte tatsächlich eine Geschichte von derartig verpeilten Menschen erzählen. 

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