Sonntag, 19. Oktober 2014

Zu viele Likes

Der jüdische Rumpfstaat hatte vor 586 v.Chr. nicht nur allen gefallen wollen. Man wollte auch mit allen befreundet sein. Und, naja, in Wirklichkeit wollte man auch von allen profitieren. Man wollte bei vielen akzeptiert sein, um die Vorteile aus all diesen Bekanntschaften zu genießen. 
Darum hat dieser Kleinstaat irgendwann Gott nicht mehr gefallen. Wer auf zu vielen Hochzeiten tanzt, verpasst seine eigene. Gott wollte nicht einer unter vielen sein. 
Und also hat Gott diesen Kleinstaat fallen gelassen. Kein Interesse mehr. Ihr habt jetzt so viele Freunde, seht zu, wie ihr alleine klarkommt. 
Man kam aber nicht klar. Denn in dem Moment, wo der Segen weg war, wollten die anderen „Freunde“ auch nichts mehr mit Juda zu tun haben. Und als die Babylonier kamen, fand Juda sich schutzlos und verlassen den Babyloniern ausgeliefert. 
Lange her? Ach was! Die heutige Gemeinde will der Evangelischen Allianz gefallen und den Volkskirchen, den Ungläubigen und den Skeptikern. Der Presse will man gefallen und im Fernsehen gut wegkommen und einen schönen Artikel in Wikipedia haben. Möglichst viele Likes auf Facebook und viele Follower auf Twitter. Man holt die Psychologie ins Boot und den Zeitgeist, und macht Benefiz-Aktionen, die mit Gott nichts mehr zu tun haben, uns aber die Achtung der Gottlosen einbringen. Man ist bei der Ice-Bucket-Challence dabei und bei der Zitronen-Challance, und hat ein Team beim Wohltätigkeitsmarathon. Die Achtung der intellektuellen Jugend holt man sich über einen Poetry-Slam im Gemeindehaus und die Achtung der Nachbarn durch ein Nachbarschaftsfest.
Man ist vernetzt in alle Richtungen und connected auf allen Ebenen. Und muss es zwangsläufig irgendwie allen recht machen und darf niemanden vor den Kopf stoßen. 
Und irgendwann hat man alle ins Boot geholt. 
Nur Gott ist an Land geblieben. Er ist nicht mitgefahren. Aber das merkt man erst, wenn die Babylonier kommen. Oder die nächste Krise. Wenn einem die 8000 Likes nicht mehr helfen. Und der Eine, auf dessen Like man angewiesen wäre, hat sich verabschiedet. 
Weil man den one true lover nicht von all den friends unterscheiden konnte.
(Das alles steht in Klagelieder 1, Verse 2 + 8 + 17 + 19 + 21).

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