unser vater
1
unser vater
der du bist die mutter
die du bist der sohn
der kommt
um anzuzetteln
den himmel
auf erden
2
dein name werde geheiligt
dein name möge kein hauptwort bleiben
dein name werde bewegung
dein name werde tätigkeitswort
3
bis wir
loslassen lernen
bis wir
erlöst werden können
damit
im verwehen des wahns
komme
dein reich
4
in der liebe
zum nächsten
in der liebe
zum feind
geschehe
dein wille -
durch uns!
5
unser tägliches brot
gib uns heute
damit wir nicht nur
für brot uns abrackern müssen
damit wir nicht
von brotgebern erpresst werden können
damit wir nicht
aus brotangst gefügig werden
6
vergib uns
unsere schuld
und die schuld derer
die schuldig geworden sind
an uns
und was
wie niemandes schuld ist:
sachzwänge verhängnis ignoranz
und unseren verdacht
du selber könntest schuldig geworden sein
an so viel elend an zu viel leiden
vergib
wie auch wir
7
und führe uns nicht
wohin wir wie blind
uns drängen
in die do-it-your-self-apokalypse
sondern erlöse uns
von fatalität und sachzwang
damit das leben
das du geschaffen
bleibe auf diesem kleinen
bisher unbegreiflich erwählten
planeten
im schweigenden all
8
und zu uns
lass wachsen
den baum des glaubens
wurzelnd in dir
entfalte sich seine krone
auf erden:
dein reich
das unsere freiheit
deine kraft
die ohne gewalttat
deine herrlichkeit
durch die wir gelingen können
in ewigkeit
aus Kurt Marti:
Schon wieder heute - Ausgewählte Gedichte 1959 - 1980
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